Felix Kolmer 1922-2022
Im jüdischen Altersheim Hagibor in Prag ist am 5. August der tschechisch-jüdische Auschwitz-Überlebende und tschechische Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees Prof. Felix Kolmer im 100. Lebensjahr gestorben.
Felix Kolmer, der 1941 nach Theresienstadt und 1944 nach Auschwitz deportiert worden war, erlebte seine Befreiung im Alter von 23 Jahren in einem Außenlager des KZ Groß-Rosen. Nach dem Krieg studierte Felix Kolmer Physik und lehrte später als weltweit anerkannter Akustiker an der Technischen Universität Prag.
Zum Tod Felix Kolmers betonte in Berlin Christoph Heubner, Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees:
„Felix Kolmer hatte sehr bald nach seiner Befreiung aus den Lagern beschlossen, sein Leben nie vom Hass vergiften zu lassen, obwohl er in Theresienstadt und anderen Lagern seine Mutter und weitere Angehörige verloren hatte. Über viele Jahre suchte Felix Kolmer als Zeitzeuge das Gespräch mit jungen Menschen in Deutschland und in anderen Ländern Europas und schreckte auch vor Diskussionen mit Rechtsextremen nicht zurück. Sein Engagement für die Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen fand seinen Ausdruck in seiner langjährigen Mitarbeit im Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Bis in seine letzten Lebensmonate hinein war Felix Kolmer einer der wichtigsten und glaubwürdigsten Brückenbauer im Gespräch zwischen Tschechen und Deutschen. Unvergessen bei vielen seiner Schicksalsgenossen bleibt auch sein Eintreten für die Entschädigung aller Überlebenden der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager und die Zwangsarbeiter. Als Vorsitzender der in Köln angesiedelten Beratungsstelle für NS-Verfolgte trat er über viele Jahre für die Interessen der Menschen ein, die dasselbe Schicksal erlitten hatten wie er. Felix Kolmer war Träger des Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland, des Sächsischen Verdienstordens sowie anderer hoher Auszeichnungen.
Auschwitz-Überlebende verabschieden sich mit großer Trauer von ihrem Leidensgenossen und Weggefährten Felix Kolmer, einem großen Zeitzeugen und Menschenfreund. Sie werden nie vergessen, wie es Felix Kolmer mit seiner leisen und beharrlichen Freundlichkeit gelungen ist, Menschen zusammenzuführen und sie an den Erinnerungen und Erfahrungen aller Holocaust-Überlebenden teilhaben zu lassen. Tief geprägt von seiner lebenslangen Verwurzelung in der Pfadfinderbewegung war Felix Kolmer auch ins hohe Alter hinein ein Motivator und Netzwerker, der Menschen auf dem Weg zueinander immer wieder in Bewegung gebracht hat. Felix Kolmer wird uns in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen angesichts der Entwicklung von Antisemitismus und rechtsextremen Hass bitter fehlen.“