Gegenstände und Dokumente - Zeugen der Geschichte
Neue Konzepte in der internationalen Gedenkstättenpädagogik - Zusammenfassung des Seminars
Zwanzig Gedenkstättenpädagog*innen, Multiplikator*innen und Lehrer*innen aus Polen und Deutschland nahmen an der vierten Auflage des Seminars teil, das vom 4. bis 8. Dezember 2022 in der IJBS in Oświęcim stattfand. Viele von ihnen führen seit Jahren Gedenkstättenfahrten oder deutsch-polnische und internationale Jugendaustauschprojekte durch. In den ersten Workshops zum Fachaustausch beschäftigten wir uns gemeinsam mit der Frage, wie man junge Menschen auf den Besuch einer Gedenkstätte vorbereitet und wie man historisches Wissen vermittelt und Empathie für die Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocausts in einer Zeit aufbaut, in der die letzten Zeugen der Geschichte uns verlassen. Eine Methode wurde von der Kunstlehrerin Dr. Angelika Gausmann vorgestellt - über ein Jahr lang hatten ihre Schülerinnen und Schüler Zeit sich mit einer selbst ausgewählten Person auseinanderzusetzen und ihre Biografien zu erforschen. Es entstanden „Museumskoffer“ mit Artefakten. Durch die Anordnung im Koffer kann ein Leben anhand von Originalgegenständen und Fotos aus dem Besitz der Person dargestellt werden. Es können aber auch selbst hergestellte Objekte sein, Gegenstände vom Dachboden oder vom Flohmarkt, anhand derer die Biografie der Person erzählt werden kann. Es sind heutzutage eben Gegenstände und Dokumente, die in der pädagogischen Arbeit mit jungen Menschen die Rolle von „Zeugen der Geschichte“ übernehmen. Im anschließenden Workshop stellten die Referentinnen der Arolsen Archives, Anna Meier-Osiński und Elisabeth Schwabauer innovative Methoden für die Arbeit mit jungen Menschen vor: Kampagne #StolenMemory https://www.stolenmemory.org/ und „documentED” („documents“+„education“). Die soziale Kampagne #StolenMemory, die seit 2016 läuft, basiert auf der Zusammenarbeit mit Freiwilligen, deren Aufgabe es ist, nach den Familien ehemaliger Häftlinge der Konzentrations- und Vernichtungslager zu suchen und die Effekten - persönliche Gegenstände, die den Häftlingen gehörten an ihre Familien zurückzugeben. Mit den aufgefundenen Familien werden ausführliche Interviews geführt, die auch Aufschluss über das Vor- und Nachkriegsschicksal der Familien von Opfern geben. Der e-Guide der Arolsen Archives, ein elektronischer Dokumentenführer ist hilfreich bei der Interpretation der Dokumente: https://arolsen-archives.org/suchen-erkunden/nuetzliche-hilfen/e-guide/
Im Gegensatz dazu ist „documentED“ („documents“+ „education“) ein Instrument, das für die Vorbereitung und Auswertung eines Gedenkstättenbesuches unter Verwendung von Dokumenten aus den Beständen der Arolsen Archives vorgeschlagen wurde und die Arbeit mit Dokumenten und einer ausgewählten Biografie kombiniert: https://arolsen-archives.org/lernen-mitwirken/initiativen-projekte/documented/
In den folgenden Tagen des Seminars lernten die Teilnehmer*innen den historischen Ort und die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau kennen. Durch Studienführungen und Vorträge von Expert*innen: Jan Kapłon über legale und illegale Kunst in Auschwitz und Nataliia Tkachenko über innovative pädagogische Methoden, die im Auschwitz-Museum eingesetzt werden, wurde der breite Kontext der Gedenkstättenpädagogik in polnisch-deutscher Hinsicht erläutert. Den Abschluss dieser Auflage des Seminars bildete ein Treffen und eine Diskussion mit einem Vertreter des Deutsch-Polnischen Jugendwerks über die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen und die Gründung dieser Organisation sowie über Projekte, die vom DPJW unterstützt werden. Besonderes Augenmerk haben wir auf das Programm „Wege zur Erinnerung“ und #StolenMemory gelegt, in dessen Rahmen sich Absolvent*innen unseres Seminars um finanzielle Förderung für ihre eigenen Projekte bewerben können.
Koordination und Seminarleitung: Elżbieta Pasternak (IJBS Oświęcim/Auschwitz), Anna Meier-Osiński & Elisabeth Schwabauer (Arolsen Archives)
Das Seminar wurde in Zusammenarbeit der IJBS Oświęcim/Auschwitz mit den Arolsen Archives, dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau und dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) realisiert.