A HOUSE TO LIVE
A PLACE TO LEARN

Wir sind in der Stadt Oświęcim, um uns an Auschwitz zu erinnern. Um zu überzeugen, dass wir aus der Vergangenheit lernen müssen. Wir zeigen, dass Oświęcim ein Ort der Begegnung, der Versöhnung und der Verständigung sein kann. Wir sind in der Stadt Oświęcim, damit Auschwitz sich nicht wiederholt.

#StolenMemory – Leokadia Rożniewska

Urgroßmutters Medaillon aus Ravensbrück

Am 16. Oktober wurden der Familie von Leokadia Rożniewska im Museum der Juden von Częstochowa persönliche Gegenstände zurückgegeben, die ihr von den Deutschen im Lager Ravensbrück abgenommen wurden. Ein Medaillon an einer Kette sowie Briefe und zahlreiche Dokumente wurden von Anna Meier-Osiński von Arolsen Archives und Elżbieta Pasternak von der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz überreicht.

Die Verwandten von Leokadia Rożniewska - Iwona Konieczna, Enkelin, und Katarzyna Konieczna, Urenkelin - wurden von einem Team junger Freiwilliger der Stanisław-Konarski-Oberschule Nr. 1 in Oświęcim unter der Leitung von Elżbieta Pasternak gefunden. Die Schüler*innen recherchierten auf der Grundlage von Dokumenten, die Małgorzata Przybyła in den Archiven von Bad Arolsen gefunden hatte.

Kontaktfreudig, warmherzig und fürsorglich

Ein Holztisch. Darauf eine Pappschachtel. Darin: Leokadia Rożniewskas erhaltenes Depot und Dokumente, die von den Nazis abgenommen wurden. Die Urenkelin von Leokadia schaut sie schweigend und konzentriert an. Sie ist gerührt, als sie das Medaillon in die Hand nimmt, das ihre Urgroßmutter auf dem Weg nach Ravensbrück im Frühling 1944 bei sich hatte. Sie lächelt das Foto auf der Kennkarte an. - Ich bin sehr gerührt. Und diese Briefe... Alles kam zu mir zurück, sagt Iwona Konieczna, die uns nach der Übergabe der Erinnerungsstücke Orte in Częstochowa zeigt, die mit ihrer Großmutter verbunden sind.

In der Erinnerung ihrer Angehörigen bleibt Leokadia trotz der traumatischen Geschehnisse während des Zweiten Weltkriegs ein fröhlicher und geselliger Mensch. - Urgroßmutter war eine äußerst gesellige Person. Sie hat uns sehr oft besucht. Sie kam immer mit Einkäufen. Sie hat sich um uns gekümmert. Als ich Kind war, hat sie mir immer ihre große Liebe gezeigt - erinnert sich Katarzyna. Wiesław Konieczny, der Ehemann der Enkelin von Leokadia, erinnerte sich auch daran, dass sie eine sehr fröhliche Person war. - Oder sie hat es nur so aussehen lassen. Sie hätte das alles in sich behalten können... - fügt er hinzu.

Eine Decke und ein Stück Brot

Sie wurde ins Frauenlager Ravensbrück deportiert, weil - wie ihre Enkelin erzählt - jemand sie verpfiffen hatte, weil sie Kohle gestohlen hatte. Aus den Erzählungen von Leokadia, die Iwona Konieczna zitiert, geht hervor, dass es die Familie ihres Mannes gewesen sein könnte, die sie auf diese Weise loswerden wollte. - Sie mochten sie nicht. Sie rechneten damit, dass sie nicht aus dem Lager zurückkommen würde - fügt sie hinzu. Von ihrem Aufenthalt im Lager sind mehrere Dokumente erhalten geblieben - darunter eine Liste der neu angekommenen Häftlinge, ein Auszug aus den Häftlingslisten von Ravensbrück, ein Umschlag ITS 528 mit persönlichen Gegenständen, Effekten mit Rożniewskas Unterschrift, eine Beschreibung des Inhalts des Umschlags, eine Hollerith-Karte von Ravensbrück oder die Hamburger Kartei des KL Neuengamme, in der die Effekten aufgeführt sind.

Diese Dokumente sind jedoch nur ein Teil der Geschichte, die ohne die Erinnerungen der Familie nicht rekonstruiert werden könnte. Was wussten die Verwandten über den Aufenthalt der Urgroßmutter in Ravensbrück und die Verfolgungen, die sie von den deutschen Besatzern erlitten hat? Sie erzählten einige sehr detaillierte und bewegende Erinnerungen. So hielt Leokadia beispielsweise ein Stück Brot in ihrer geballten Hand, um es nicht zu verlieren, denn zu dieser Zeit und unter diesen Bedingungen war es Gold wert. Nach dem Krieg, so berichten Verwandte, achtete sie sehr darauf, keine Lebensmittel zu verschwenden.

Sie erwähnte auch Decken, die die Gefangenen auf verschiedene Weise unter ihrer Kleidung zu verstecken versuchten, um bei den langen Appellen nicht zu frieren. Sie wussten, dass sie, wenn jemand sie mit einer solchen Decke erwischte, schwer geschlagen würden. - Sie erzählte uns, dass sie selbst im Lager nicht viel Prügel erfahren hat, weil sie vorsichtig war - sagt Katarzyna Konieczna. Die Familie erinnert sich auch daran, dass Leokadia im Lager Gedichte schrieb.

Weiße Busse

In der Nachkriegsbiografie von Leokadia gibt es ein schwedisches Motiv. Es hat sich herausgestellt, dass Unterlagen über die Rettung von KZ-Häftlingen durch Baron Folke Bernadotte erhalten geblieben sind. Im Rahmen der humanitären Aktion des Schwedischen Roten Kreuzes, bekannt als die „weißen Busse“, wurden zunächst skandinavische Gefangene aus deutschen Konzentrationslagern gerettet. Später wurde die Aktion auf andere Nationalitäten ausgedehnt.

Der Hauptvermittler und -überwacher war Graf Bernadotte, der damals stellvertretender Vorsitzender des Schwedischen Roten Kreuzes war. Der Name von Leokadia erscheint auf einer Liste vom 15. August 1945. Wie sich herausstellte, war sie eine von etwa 15.000 Menschen, denen der Graf half. Wenn es nicht um den Sohn Henryk ginge (geb. 1938), zu dem sie zurückkehren wollte, wäre sie sicherlich in Schweden geblieben - glaubt die Familie.

***

Leokadia Rożniewska, geborene Bystra, wurde am 9.01.1914 in Folwarki, im Kreis Radomsko, geboren. Sie starb am 12.12.1997 im Alter von 83 Jahren und ist im Familiengrab auf dem Friedhof in Częstochowa begraben. Am Tag nach der Übergabe der Erinnerungsstücke durch die Arolsen Archives und die IJBS konnten wir das Grab von Leokadia Rożniewska zusammen mit ihrer Familie besuchen.

Basierend auf einem von Arolsen Archives veröffentlichten Artikel:

Medalik prababci z Ravensbrück - Arolsen Archives (arolsen-archives.org)

 

Scrolle nach oben