#stolenmemory - Stefan Baster
EINE LEKTION IM WISSEN UM DEN HELDEN, DER SEIN LEBEN OPFERTE, UM SEINEM HEIMATLAND ZU DIENEN
Die Freiwilligen der Kampagne #StolenMemory können sich über einen weiteren Erfolg freuen, der diesmal von Frau Elżbieta Pasternak, der Koordinatorin der Aktivitäten unserer Gruppe in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz, erzielt wurde. Die Familie von Stefan Baster, geboren am 20.08.1914 im Dorf Nielepice in der Gemeinde Zabierzów (bei Krakau), wurde gefunden. In den Sammlungen der Arolsen Archives ist der Ehering von Stefan Baster mit dem eingravierten Namen seiner Frau, Karolina Biernat, aus Rudawa erhalten. Diesmal ging die Suche sehr schnell. Obwohl im Archiv des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau fast keine Dokumente erhalten geblieben sind, wurde das Andenken an Stefan Baster in den Familienerinnerungen der Gemeinde Nielepice aufbewahrt. Schon während des ersten Gesprächs mit Herrn Stanisław Dam, dem Dorfvorsteher von Nielepice, stellte sich heraus, dass er sich leidenschaftlich für Geschichte interessiert und versucht, die Erinnerung an nationale und lokale Helden zu pflegen. Er beriet sich schnell mit Herrn Edward Rudzki, einem lokalen Forscher in der Geschichte von Nielepice und Inhaber eines Archivs, das reich an Dokumenten und Fotos ist. Es stellte sich heraus, dass die Mehrgenerationen-Familie Baster bis heute in Nielepice lebt, und das Haus, in dem Stefan Baster mit seinen Eltern und Geschwistern wohnte, beherbergt heute die Tochter seiner Nichte, Jolanta Grondal. Die Familie hielt ein Treffen ab. Es wurde beschlossen, dass die Effekten und Dokumente von Stefan Basters Nichte, Frau Stanisława Bury, einer Einwohnerin von Krakau, persönlich abgeholt werden. Es wird der Wille der Familie sein, die Effekten und Dokumente dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau zu überreichen. Wir informierten Frau Małgorzata Przybyła und Frau Anna Meier-Osiński von Arolsen Archives, Koordinatorinnen der Kampagne #StolenMemory, über unseren Erfolg. Nach Prüfung aller Daten wurden die Effekten und Dokumente an die IJBS geschickt.
Die Vertreter*innen unserer Gruppe #StolenMemory - die Freiwilligen Maciej Piłat und Mateusz Mika, sowie Frau Elżbieta Pasternak und Herr Piotr Struczyk, unser Dokumentarfilmer - begaben sich vor der Zeremonie nach Nielepice, um vor Ort Fragen zu stellen und Gespräche mit Zeitzeug*innen zu führen. Die Erforschung des Schicksals von Stefan Baster war für uns eine faszinierende Aufgabe, die von vielen emotionalen Momenten begleitet wurde. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft und die wertvollen Informationen bei Herrn Edward Rudzki, Herrn Józef Sarnek und seiner Frau.
Unser Held, Stefan Baster, wurde am 20.08.1914 im Dorf Nielepice geboren. Er war das zweite Kind von Józef und Katarzyna Baster. Stefan hatte vier Geschwister: seinen älteren Bruder Stanisław und jünger als er Ludwik, Maria und Józef. Die Familie wurde von dem Vater unterstützt, der Eisenbahner war. Wir wissen wenig über Stefans Kindheit, aber wir wissen, dass er ein sehr guter Schüler war. Nach seinem Schulabschluss in Nielepice in den Jahren 1920-1926 wurde er in die Militärschule in Krakau aufgenommen. Er schloss sein Studium mit dem Rang eines Reserve-Zweitleutnants ab und begann an der Bahnstation im nahe gelegenen Rudawa zu arbeiten. In den 1930er Jahren nahm er aktiv am gesellschaftlichen Leben seines „kleinen Heimatlandes“ – Nielepice teil. Er nahm an der September-Kampagne teil und schloss sich fast sofort den entstehenden Untergrundeinheiten an, darunter die „RO-Eisenbahner von St. Rudawa“. Vor der Vereinigung der militärischen Konspirationsorganisationen gehörte er der Nationalen Militärorganisation (N.O.W., mit Sitz in Radwanowice) an. Nach der Vereinigung befehligte er den Zug der Heimatarmee in Nielepice, der dem Kommando der Heimatarmee KO Krzeszowice unterstand. Um seine sehr aktive Tätigkeit im Untergrund zu verbergen, eröffnete er ein Geschäft in Nielepice, an das sich die ältesten Einwohner*innen noch erinnern. Trotz dieser Vertuschung wurde Stefan von den Deutschen beobachtet, woran ihn seine Familie immer wieder erinnerte, da sie das Schlimmste befürchteten. Im Bewusstsein der großen Gefahr beschloss Stefan Baster, seine geliebte „Lola“, also
Karolina Biernat, zu heiraten, was am 3.03.1943 geschah. Er lebte mit seiner Frau in Rudawa unter der Hausnummer 157. Trotz der Vorsicht von Stefan und seiner Frau wurde er Ende Juli 1943 verhaftet. Er landete im Gefängnis in der Montelupich-Straße in Krakau, wo er brutal verhört wurde. Trotzdem verriet er niemanden, was gegenüber seiner Familie von Józef Kołodziejczyk, einem Einwohner von Nielepice, der damals Angestellter dieses Gefängnisses war, bezeugt wurde. Stefan Baster wurde bald von Krakau nach Auschwitz geschickt und erhielt am 1. Oktober 1943 die Häftlingsnummer 152741. Er wurde in Auschwitz II-Birkenau untergebracht, wo er gefoltert wurde und nur knapp mit dem Leben davonkam. Er hätte wahrscheinlich nicht überlebt, wenn ihm nicht eine aus Zabierzów stammende Krankenschwester namens Pogan geholfen hätte. Im Februar 1944 wurde Stefan ins Konzentrationslager Neuengamme verlegt, wo er eine neue Häftlingsnummer 25216 erhielt. Die letzte Spur des Lebens dieses jungen Patrioten stammt von diesem Ort - eine handschriftliche Unterschrift auf dem Umschlag, in dem sein Ehering aufbewahrt wurde. Stefan Baster starb zusammen mit mehr als 6000 anderen Gefangenen am 3. Mai 1945 bei der Bombardierung der Schiffe Cap Arcona und Thielbeck.
Wir erfuhren viel über das Schicksal von Stefan Baster, je mehr wir auf den Tag der Zeremonie und das Treffen mit seiner Nichte, Frau Stanisława Bury, warteten. Die Zeremonie fand am 14. August 2020 im Witold Pilecki Park in Nielepice an den Gedenktafeln statt, die an lokale Helden wie Stefan Baster und seinen älteren Bruder erinnerten. Wir gingen mit der gesamten sechsköpfigen Gruppe von Freiwilligen dorthin. Nachdem Kinga Paciorek den Brief gelesen hatte, den das Arolsen Archives an Frau Stanisława Bury geschickt hatte, war es Stefan Basters Nichte, die als die erste den Gegenstand in die Hand nahm. Die Familienmitglieder versammelten sich, und die angekommenen Gäste verbargen ihre Neugierde und Emotionen während des Treffens und der Gespräche nach der Zeremonie, die im örtlichen Gemeindezentrum stattfand, nicht. Wir möchten uns mit einem so herzlichen Empfang unserer Gruppe #StolenMemory durch die Gemeinde Nielepice und für die Lektion in Wissen über lokale Helden bedanken, die wir unter anderem dank Herrn Edward Rudzki kennen gelernt haben. Dies waren unvergessliche Momente. Es ist sehr erbaulich, wie die Einwohner*innen von Nielepice an seine Vorfahren erinnern, die Erinnerung pflegen und das Wissen über ihre Vorfahren verbreiten, die ihr Leben geopfert haben, um ihrer Heimat zu dienen.
Zofia Przeworska, im Namen der Freiwilligen der Kampagne #StolenMemory in Oświęcim, bestehend aus: Mateusz Mika, Kinga Paciorek, Karolina Tarkowska, Sabina Kwiatkowska, Maciej Piłat